Fachsprachdozent Erdal Kartum in seinem Klassenraum.

Fachsprachkurse: Viel mehr als nur Vokabeln lernen

Bahndeutsch ist keine leichte Sprache – erst recht nicht für Menschen, denen die Sprachpraxis fehlt. In speziellen Fachsprachkursen werden angehende Lokführer*innen gezielt vorbereitet. Wir haben in eine Unterrichtsstunde reingeschaut.

„Es gibt das Probegespräch, das Kontrollgespräch, das Zielgespräch“, sagt Erdal Kartum langsam und deutlich in die Kamera. Er ist Dozent für den Fachsprachkurs Bahn-Deutsch und unterrichtet an diesem Vormittag per Video-Konferenz. Auf seinem Bildschirm sieht er 13 Gesichter. Menschen aus Syrien, Ukraine, Iran, Kenia, Russland und Tunesien. Alle haben ein gemeinsames Ziel: Sie wollen Lokführer oder Lokführerin bei den Bahnen in NRW werden. Dafür müssen sie nicht nur gut Deutsch sprechen – sie müssen auch Bahndeutsch verstehen.


Über Erdal Kartum

Erdal ist 52 und vor über zehn Jahren als Quereinsteiger in die Bahnwelt gekommen. Nachdem er als Lokführer gearbeitet hat, wurde er Dozent bei der SBH-West: 

  • Warum bist du Dozent geworden? „Ich war im Fußball aktiv, auch als Spielertrainer. Es hat mir schon immer sehr viel Freude bereitet, anderen Menschen zu helfen und das Beste aus ihrem Potenzial herauszuholen.“
  • Was hilft dir bei den Arbeit mit deinen Schüler*innen? „Ich bin als Quereinsteiger den Weg gegangen, den sie noch vor sich haben. Dadurch weiß ich, was ihre Probleme sind und kann ihnen helfen. Außerdem habe auch ich eine Migrationsgeschichte: Das hilft den Teilnehmenden der Kurse, sie sagen dann zu mir: ‚Wenn du es geschafft hast, kann ich es auch schaffen.‘“

Funk verstehen – und sprechen 

In der heutigen Unterrichtsstunde geht es um das Thema Funk. Die Teilnehmenden lernen, wie man über Funkgeräte in der Bahnwelt spricht – inklusive aller Fachbegriffe, die sie dabei verwenden müssen. Es gibt zum Beispiel ein digitales System, das GSM-R heißt – und analoge Geräte, vergleichbar mit handelsüblichen Walkie-Talkies. Auch diese werden im Arbeitsalltag genutzt.

Zu Beginn lesen die Teilnehmer/innen reihum einen Text. Darin stehen viele Fachbegriffe. Das ist nicht einfach – manche sprechen leise, andere stocken. „Langsam, das ist kein Problem“, sagt Dozent Erdal freundlich. Er hilft bei der Aussprache, erklärt jedes neue Wort, wiederholt es und lobt die Fortschritte. Denn viele der Wörter sind selbst für Menschen mit sehr guten Deutschkenntnissen neu: „Zielgespräch“, „Funkdisziplin“, „Rangierbegleiter“ – das hört man nicht im Alltag.

Was ist Bahn-Deutsch?

Der Fachsprachkurs findet montags bis freitags statt – von 8 bis 15.45 Uhr, am Freitag bis 13 Uhr. Das sind lange Tage. Doch die Themen sind wichtig. Viele Inhalte kommen auch später in der Ausbildung zur Lokführerin oder zum Lokführer vor. „Der Fachsprachkurs ist mehr als nur Vokabellernen. Wir wollen, dass die Teilnehmenden die Bahnwelt mit ihren Zusammenhängen verstehen“, erklärt Erdal. Im Kurs werden sie langsam und gründlich besprochen.

Auf einen Blick: Das musst du über die Fachsprachkurse wissen

  • Der Fachsprachkurs ist kein Deutschkurs. Er dient dazu, dass du bereits vor deiner Qualifizierungsmaßnahme bahnspezifische Fachvokabeln kennenlernen kannst.
  • Du musst mindestens Deutsch auf dem Sprachlevel B1 beherrschen, einen Hauptschulabschluss nach Klasse 9 oder einen ähnlichen in Deutschland anerkannten Abschluss nachweisen können. Zudem musst du mindestens 20 Jahre alt sein.
  • Bevor du einen Fachsprachkurs beginnst, findet eine Informationsveranstaltung bei der SBH-West statt. Dort wird gemeinsam entschieden, ob so ein Kurs das Richtige für dich ist. 

„Bahndeutsch ist eine eigene Sprache“, sagt Erdal. „Viele Wörter sind sehr bürokratisch oder technisch. Auch Deutsche haben manchmal Probleme damit.“ Und: Die Bahn ist ein eigener Kosmos. Wer vorher noch nie in einem Stellwerk war oder einen Zug von innen gesehen hat, kennt vieles noch nicht. Genau dafür ist der Kurs da: um den Einstieg zu erleichtern – sprachlich, aber auch fachlich.

Rangieren – auch ohne Sichtkontakt 

Später in der Stunde steht Erdal an einem Whiteboard. Er malt einen langen Zug, eine geschobene Einheit, bei dem sich der Lokführer hinten am Zug an einem arbeitenden Triebfahrzeug befindet und von hinten aus steuert. Dann zeigt er, wie die geschobene Einheit von einem auf das andere Gleis rangiert werden soll. „Dabei sieht der Lokführer oft nicht, wohin er fährt. Der Rangierbegleiter steht vorne – und spricht über Funk mit dem Lokführer.“

Deshalb ist es so wichtig, dass die Verständigung funktioniert. Wenn der Akku vom Walkie-Talkie leer ist, wenn man den Funkkanal wechselt oder ein neues Gerät benutzt – dann muss vorher ein „Probegespräch“ geführt werden. So weiß man: Die Verbindung klappt.

Erdal fragt etwas später in die Runde: „Was machen wir, wenn der Akku leer war?“ Nicht alle wissen es sofort. „Ein Probegespräch!“, ruft dann einer. Erdal nickt. „Sehr gut. Und wie heißt noch gleich das digitale Funksystem im Zug?“ Ein anderer Schüler spricht das „G“ in GSM-R Englisch aus. „Nein, nicht englisch“, sagt Erdal nachdrücklich, aber freundlich. „Die Bahnsprache ist Deutsch. Versuche es nochmal: Langsam. Deutlich.“

Eine Illustration zeigt einen Zug in weiß.

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Üben fürs Sprechen – und fürs Leben

Im Kurs geht es nicht nur um Fachwörter. Es geht auch darum, ins Sprechen zu kommen. Jeden Tag wird geredet, erklärt, gefragt. Einmal pro Woche gibt es zudem ein spezielles Sprechtraining. „Viele Teilnehmende sind danach viel sicherer“, sagt Erdal. Und: Wer den Kurs schafft, hat später bessere Chancen, auch die Qualifizierung zu bestehen. 

Im Kurs lernen Menschen mit ganz unterschiedlichen Kenntnissen. Manche sind neu, andere sind schon länger dabei. Das ist so gewollt: Die Themen wiederholen sich regelmäßig – so können Interessenten jederzeit einsteigen.

Am Ende der heutigen Stunde geht es um das Buchstabieralphabet. Jeder soll seinen Namen damit vorlesen: A wie Anton, B wie Berta, C wie Cäsar. Für viele ist das ungewohnt. Einer stolpert bei seinem Namen, eine Ukrainerin braucht macht es schon flüssig. Man merkt: Übung macht den Meister.

Und auch hier hilft Erdal. Er verbessert behutsam, lobt viel und sorgt dafür, dass niemand den Mut verliert. Klar ist: Viele Teilnehmende brauchen Zeit, um anzukommen – sprachlich und fachlich. Doch wer dranbleibt, merkt schnell: Die Mühe lohnt sich. Denn Lokführer oder Lokführerin zu werden ist kein leichter Weg – aber ein toller Beruf mit Verantwortung und Zukunft. Die Fachsprachkurse helfen dabei sich auf die Qualifizierung vorzubereiten.

Wort für Wort.


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